Band 2: "111 Orte in Hamburg, die uns Geschichte erzählen"


Stadtgeschichte entsteht aus Lebensgeschichten

Karl der Große kam als Kaiser und ›Pater Europae‹ (Vater Europas) nach Hamburg, eine Legende schon zu Lebzeiten. An seinen kaiserlichen Missionar, Bischof St. Ansgar, erinnern Statuen auf den Brücken unserer Stadt. Nach den großen Hamburger Bürgermeistern des Mittelalters, ihres Zeichens Kaufleute und Seefahrer, sind Straßen benannt. Der Hamburger Hafen hat die Namen der großen Reeder Ballin, Sloman und Laeisz unsterblich gemacht.

Doch zur Geschichte einer Handelsstadt wie Hamburg gehören nicht nur die Reichen und Mächtigen. Dieses Buch folgt auch den Lebensspuren der Arbeiter, die im Hafen geschuftet und in den Gängevierteln und Vororten der Stadt in ärmsten Verhältnissen gelebt haben. Ohne ihre Arbeitskraft hätte die Freie und Hansestadt niemals ihre Prosperität entfalten können. Die meisten Quartiere der Hafenarbeiter ‒ wie auch die Fischkistendörfer der Arbeitslosen ‒ wurden entweder im Zweiten Weltkrieg zerstört oder später abgerissen. Viele Arbeiter haben in den Jahren der Hitlerdiktatur mutigen Widerstand geleistet und damit anderen Menschen das Leben gerettet. Ihre Namen kennen wir heute nicht mehr.

Hamburgs Geschichte handelt ebenso von großen Sozialreformern. Caspar Voght und die Hamburger Patriotische Gesellschaft richteten eine Armenanstalt in der Stadt ein und halfen mittellosen Arbeitern mit finanzieller Versorgung und ärztlicher Hilfe. Anwalt Eduard Hallier lernte auf einer Reise in die Vereinigten Staaten die amerikanischen Public Libraries kennen und eröffnete in Hamburg die erste Bücherhalle, um wirklich allen Menschen Zugang zu Literatur zu er ermöglichen. Lehrer Johann Hinrich Wichern setzte sich als 25-Jähriger für in Armut lebende Kinder ein und schuf ihnen in seinem »Rauhen Haus«  eine Umgebung, in der sie gesund und behütet aufwachsen und lernen konnten.

Manche historische Orte in Hamburg wären längst abgerissen worden, hätten sich die Autonomen der 1980er Jahre nicht als die eigentlich Wertkonservativen der Stadt erwiesen und mit Witz und Verstand für ihren Erhalt gekämpft. Bürgermeister Prof. Ingo von Münch und Klaus von Dohnanyi unterstützten sie. Heute stehen die Jägerpassage und das Mennonitenpfarrhaus in St. Pauli unter Denkmalschutz.

Und natürlich gehören zur Vielfalt der Hamburger Lebensgeschichten Appelschnut, Antje und die Zitronenjette genauso wie die Swingjugend und Hamburgs große Architekten, Reeder, Dichter und Mäzene.